Tagtool – Licht-Gestalten „Monsterparty“

Monster digital zeichnen und animieren mit Sarah Koch.

Eines der vielen Vorteile von künstlerischem Schaffen ist das in-Kontakt-kommen mit sich und miteinander über die Sache, über künstlerisches Forschen, Experimentieren und Entwickeln. Das klappt oft auch mit wenig Worten – besonders dann, wenn das Thema, das Material oder bestenfalls beides anregend sind. Diese Vorteile machen wir uns zu Nutze und starten ein Projekt mit mehreren Kindern, die erst seit so kurzer Zeit in unserem Land bzw. Stadtteil wohnen, dass wir uns noch nicht fließend mit Worten derselben Sprache verständigen können. Wir zeichnen erst analog, dann digital kleine Monster, denen wir mit der App Tagtool Leben einhauchen.

Autor*innen

art.space: Tagtool – Licht-Gestalten “Monsterparty”: AWO-Quartier Südstadt-Wehlheiden: Sarah Koch

Materialien und Tools

  • Analoge (Vor-)Zeichnung:
    • Papier, Stifte, Scheren,
    • Musterbeutelklammern
    • (ggf. Würfel)
  • Digitales Zeichnen & Animation:
    • iPads, WLAN
    • App „tagtool“/davon auf einem der Geräte die pro-Version
  • Vorlagen in deutsch un ukrainisch (erstellt mit Canva, nutzbar unter den Lizenzvoraussetzungen s.u. “Hinweise”)

Zielgruppe

Kinder der Intensivklassen einer Grundschule/Stadtteilkinder
(migrantisch, nicht Deutsch-Muttersprachler*innen)

Zeitraum

19. Juli 2023

Bilder/Videos oä. 

Einführung 

Der Workshop ist so gegliedert, dass er sich schrittweise vom Analogen ins Digitale bewegt. Im Analogen finden Vorzeichnungen und Gliederungen statt, die ein Verständnis für die Prozesse beinhalten, die im Digitalen schwerer greifbar sind (bspw. das Arbeiten mit verschiedenen Ebenen in der App Tagtool).
Der Workshop wurde ursprünglich für 3. und 4.-Klässler*innen geplant, aufgrund des großen Interesses haben allerdings auch zwei Kinder der 2. Klasse teilgenommen.

Praxis 

Vorbereitung

Für den Workshop wurden eine Powerpoint-Präsentation, Arbeitsblätter und ein Papier-Modell mit Musterbeutelklammern vorbereitet. Das Material ist mehrsprachig (deutsch, englisch, ukrainisch) und kann hier heruntergeladen werden.

Durchführung

Kennenlernen & Warmup:

Mit einfachen Worten stellen sich die Teilnehmenden vor, lernen sich kennen und basteln ein Namensschild. 

Vorzeichnung: 

Die Kinder denken sich ein eigenes buntes Monster für die Monsterparty aus und zeichnen dieses analog auf ein Blatt. Dafür stehen verschiedene Stifte (Bunt- & Filzstifte) zur Verfügung. Für Kinder mit Startschwierigkeiten ist es eine Alternative, die Anzahl der Körperteile eines Monsters zu würfeln. Das heißt, das Kind fängt bei einem beliebigen Körperteil – bspw. den Augen an und würfelt dann, um die Anzahl der Augen zu bestimmen. Dann geht es weiter zu den Armen etc. 

Tabelle:

Nachdem das Monster vorgezeichnet wurde, wird die Tabelle ausgefüllt. Hier skizzieren die Kinder nur grob mit dem Bleistift die Körperteile in der entsprechenden Zeile. Dieser Schritt scheint auf den ersten Blick überflüssig, ergibt jedoch an späterer Stelle Sinn. 

Tagtool-Malerei

Digital finden sich viele tolle – teils auch bebilderte Anleitungen zum Umgang mit der App Tagtool (bspw. diese hier der Stadtbibliothek Bremen). Unser Workshop fand allerdings aufgrund der Vielsprachigkeit unter Bedingungen statt, unter denen viele Worte für viel Verwirrung sorgen, sodass auf eine gedruckte Anleitung mit Bildern und Worten verzichtet wurde. Stattdessen wurden die verschiedenen Möglichkeiten (Finger als Pinsel, Farbauswahl, Pinselgröße ändern, Zoom etc.) gezeigt, sodass sie an den eigenen iPads direkt mitarbeiten konnten. Da ihnen der Umgang mit Touch-Screens nicht neu war, konnten Sie die Funktionen schnell und ohne nötige Übersetzung verstehen und anwenden. 

Tagtool-Animation

Im nächsten Schritt wurden ihnen die Möglichkeiten des Animations-Modus vorgestellt. Dieser Modus (besonders die Eröffnung und Funktion verschiedener Ebenen/Layer) ist für so junge Kinder ohnehin schon schwierig zu verstehen, ohne gemeinsame Sprache natürlich noch herausfordernder. Um zu zeigen, dass man zwar einerseits eine Zeichnung als Ganzes animieren kann, sollte deutlich werden, dass man in einem Schritt vorher sogar einzelne Körperteile bewegen kann (z.B. blinzelnde Augen, winkende Arme, hüpfende Beine, sich öffnende und schließende Münder usw.).

Um die verschiedenen Modi der Bewegung zu verdeutlichen, kam das vorbereitete Modell mit Musterbeutelklammern zum Einsatz. So wurde den Schüler*innen zuerst parallel am Papiermodell und in der Animieren-Funktion bei tagtool der Unterschied zwischen einzelnen bewegten Körperteilen und der Bewegung des Gesamtwesens deutlich.

An dieser Stelle kam die zuvor ausgefüllte Tabelle zum Einsatz: Um einzelne Körperteile animieren zu können, müssen diese jeweils auf einer eigenen Ebene gezeichnet werden. Eine Schwierigkeit ist es, das Eröffnen der Ebenen im Malfluss nicht zu vergessen, daher hilft die Tabelle. Jedes Körperteil wird digital gezeichnet und wenn es fertig ist, in der Tabelle abgehakt. Durch das abhaken erinnern sich die Kinder daran, eine neue Ebene für das nächste Körperteil zu erstellen.

Erst wenn das gesamte Monster mit allen Körperteilen auf den verschiedenen Ebenen fertig gezeichnet ist, kann die Animation beginnen. Auch hier ist die Reihenfolge wichtig: Zuerst die einzelnen Gliedmaßen (z.B. die einzelnen Flügel schlagen lassen und die Augen blinzeln lassen), danach können alle Ebenen markiert und gruppiert werden, um das Wesen als Ganzes z.B. springen oder durchs Bild fliegen zu lassen. 

Gemeinsames Animieren

Nachdem alle Kinder mindestens ein Monster fertig animiert haben, werden die iPads zu einer Session verknüpft. So können sie alle ihre eigenen Monster hinzufügen, unter der digitalen Discokugel tanzen lassen und selbst noch einen Feinschliff an der Partylandschaft (z.B. bunte aufblinkende Lichtreflexe und Scheinwerfer) ergänzen.

Abschluss und Reflektion

Der Workshop war für alle Beteiligten erfolgreich: es wurde gezeichnet, gemalt, gelacht, experimentiert und eine ganze Gruppe neuer Monster und Roboter sind entstanden. Es war eine Herausforderung, das komplexe Ebenen-Modell mit seinen Möglichkeiten zu vermitteln und zu verstehen bzw. anzuwenden. Auf beiden Seiten konnte diese Hürde allerdings erfolgreich überwunden werden. Die Kinder haben die Funktionsweise der App – auch mithilfe des Papier-Modells – schnell und ohne viele Worte begriffen, hatten Spaß daran, mit dem Finger riesige Monster(-Roboter) zu zeichnen, diese im Handumdrehen verbessern und erweitern zu können und sie am Ende sogar zum Leben zu erwecken. Bei so einer jungen Zielgruppe, war es sinnvoll eine 2-3:1-Betreuung zu gewährleisten. Hilfreich ist es auch, wenn alle Helfer*innen sich vorher schon einmal selbst mit der App auseinandergesetzt haben, besonders um die Möglichkeiten des Animations-Modus schnell und niedrigschwellig durch Vormachen nahebringen zu können. Das Wissen um die derzeitigen Sprachkenntnisse der Kinder sind nötig, um Material vorbereiten zu können, das gut an die Bedürfnisse der Kinder angepasst sind. In diesem Fall wurde das Thema „Monster“ gewählt, weil im Vorhinein bekannt war, dass vor kurzer Zeit die Namen der einzelnen Körperteile gelernt wurden. So konnte leicht an die bisherigen Kenntnisse angeknüpft werden, die Kinder konnten zeigen, dass die die Worte schon kannten und sagen, wie sie auf ihrer jeweiligen Muttersprache heißen. Die Animationen sollen nach den Sommerferien bei der Einweihungsfeier eines neuen Schulgebäudes und eventuell bei der Einschulungsfeier gezeigt werden. Noch schöner wäre es natürlich gewesen, wenn zwischen dem Workshop und der „Ausstellung“ ein kürzerer Zeitraum möglich gewesen wäre. Die Kinder waren sehr stolz auf ihre Animationen und eine zeitlich direkt anschließende Einbettung in einen Ausstellungskontext wäre eine noch angemessenere Würdigung der tollen Ergebnisse gewesen.

Hinweis

Die Veröffentlichung unterliegt folgender Lizenz: CC-BY 4.0 fjmk.de